Literatur

Literarisches Speed-Dating

Ein Format mit Tradition: Am 1. September 2023 lädt der Hermannshof in Völksen wieder zum literarischen Speed-Dating in seinen idyllischen Park. Sechs junge Autor*innen lesen an drei Stationen aus ihren (Debüt-)Romanen – bei einer Wandellesung im Freien, vor dem Sommerhaus, dem Teepavillon und unter Obstbäumen. Schnelligkeit ist gefragt, denn jedes Autor*innen-Tandem hat nur 40 Minuten Zeit für Lesungen und Fragerunde. Alle Texte eint die Frage nach unserer Identität: Wie sehr ist sie geprägt von familiären und kulturellen Wurzeln – und lassen diese sich ohne weiteres abstreifen?

In seinem Roman „Das ewige Rauschen“ betreibt Krisha Kops eine literarische Ahnenforschung, die quer durch Europa und nach Südindien führt – kombiniert mit der Fragestellung: Welche Rolle spielt mein Herkommen möglicherweise dafür, dass ich der wurde, der ich bin? Auch Nilay in Özge Inans Roman „Natürlich kann man hier nicht leben“ verfolgt die Wege ihrer Eltern zurück bis an den Ursprung: Dreißig Jahre nach dem Putsch in der Türkei zieht es Nilay in das Land, das ihre Eltern hinter sich ließen in der Hoffnung, anderswo frei zu sein.

Was aber, wenn die eigene Familiengeschichte im Dunkeln liegt? In Lisa Roys Roman „Keine gute Geschichte“ zwingt eine Depression Arielle Freytag aus ihrem neuen Leben als gut verdienende Social-Media-Managerin in Düsseldorf zurück in den Essener Stadtteil Katernberg, wo sie bei der Großmutter aufwuchs – Vater unbekannt, Mutter urplötzlich verschwunden.
Wie sie begibt sich auch Stine in Anne Rabes Roman „Die Möglichkeit von Glück“ auf Spurensuche, doch im Ostdeutschland der Nachwendezeit verbirgt die Verwandtschaft ihre ideologischen Verstrickungen hinter einem undurchdringlichen Schweigen.
Der Junge Jarek in Mariusz Hoffmanns „Polnischer Abgang“ wiederum siedelt gemeinsam mit seinen Eltern von Polen nach Deutschland aus, wie schon Großmutter Agnieszka acht Jahre zuvor. Doch statt des „gelobten Landes“ warten Auffanglager auf die Familie, Flucht und Verbleib der Großmutter umgibt ein Geheimnis.

Und wie schließlich schafft man es, Vorbilder und Vorstellungen der Eltern hinter sich zu lassen? Das thematisiert Manuel Niedermeier in seinem bereits zweiten Roman „Das ist einer, der lebt!“, der von der lebenslangen Suche nach dem eigenen Weg erzählt.

Das literarische Speed-Dating wird gefördert von der VGH Stiftung in Kooperation mit der VGH Regionaldirektion Hameln.

HINWEIS: Für die erkrankte Lisa Roy springt die Autorin Luise Meyer ein; sie liest aus ihrem Roman „Ehern“.